Dieter Kaufmann: KLANG. RAUM. FRAU - Symphonie pour une femme seule
Er ist eine der vielseitigsten Persönlichkeiten der österreichischen und internationalen Musikszene. Prägendes Merkmal dabei ist einmal eine gewisse Widerständigkeit, die sich durch alle Bereiche zieht: Der in Kärnten (in einer Musik betreibenden Großfamilie) Aufgewachsene bringt eine kritische Distanz zu diesem Bundesland mit, dennoch verbringt er einen beträchtlichen Teil seines Lebens dort. Seine explizit kirchenkritische Haltung hindert ihn nicht daran, eine Reihe von Werken mit religiöser Grundthematik (etwa "Bruder Boleslaw" als Kirchenoper für den Carinthischen Sommer in Ossiach) zu schreiben und auch immer wieder in der Kirche seiner Kärntner Gemeinde die Orgel zu spielen.
Kaufmann hat viel musikalische Basis-Arbeit geleistet - etwa in der steirischen Industrieregion mit Stahlarbeitern, aber auch mit regionalen Blasmusikkapellen - und bekleidet zugleich Präsidentenämter im Musikleben, etwa der Urheberrechtsgesellschaft austro mechana oder des Österreichischen Komponistenbundes.
Entscheidend für diese Haltung war sicherlich auch das Erleben der 68er-Bewegung in Paris. Diese Jahre haben seine Sicht der Gesellschaft geprägt, und damit auch seine Musik: Kaufmann war Schüler Olivier Messiaens, auch griff er die Einflüsse der "Musique concrète" (Pierre Schaeffer und Francois Bayle) auf und wurde in der Folge zu einem der wichtigsten Kreativen, der die Elektroakustik (oder besser: Akusmatik, wie er selbst sagt) einsetzt, und schließlich Professor an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien.
2009 wurde der "68er" 68 Jahre alt - der richtige Zeitpunkt, um sein vielfältiges Schaffen und Wirken in einer zusammenfassenden Schau in Buchform darzustellen. Sabine Reiter, Wissenschaftlerin, Performerin und inzwischen auch stv. Leiterin des "mica" (music information center austria), hat sich mehrere Jahre mit den Arbeiten Kaufmanns befasst. Auf Basis zahlreicher Interviews mit dem Komponisten hat sie sein Gesamtwerk - in zwölf thematisch-biografische Abschnitte aussagekräftig gegliedert - informativ und zugleich farbig durch die vielen O-Töne dargestellt. Das Buch ist als Band 30 der Reihe "Österreichische Komponisten unserer Zeit" in der MUSIKZEIT-Edition (Verlag Lafite) erschienen, die sich u.a. schon mit Friedrich Cerha und György Ligeti beschäftigte. Autorin Sabine Reiter und Verlegerin Marion Diederichs-Lafite präsentieren das Buch um 18:00 Uhr im ORF KulturCafe. Manuela Kerer spricht mit Dieter Kaufmann.
Ein Kernbereich von Kaufmanns Schaffen ist das Musiktheater, dem er wichtige Werke beigesteuert hat und das er auch durch Gründung des "K & K Experimentalstudios" (Kaufmann & König) mit Aufführungen belebt hat. So ist es folgerichtig, dass im RadioKulturhaus mit KLANG .RAUM .FRAU eine Tanztheater-Produktion (Choreografie und Tanz: Gerda Schorsch, Videoprojektionen und Bühne: Ulrich Kaufmann, Rezitation: Gunda König) mit vielen Bezügen zu früheren Werken aufgeführt wird und dem Buch eine CD seiner "Reise ins Paradies" (auf Basis von Robert Musil) beiliegt. Das Universum eines der prägenden österreichischen Komponisten unserer Zeit zum Erleben, Lesen und Hören.
Text: Joachim Diederichs
Service
Dieter Kaufmann: KLANG. RAUM. FRAU - Symphonie pour une femme seule
Mittwoch, 9. Juni 2010
18:00 Uhr
ORF KulturCafe
Eintritt: frei
19:30 Uhr
Großer Sendesaal
Eintritt: EUR 15,-/17,-
Mit RadioKulturhaus-Vorteilskarte 10% bzw. 30% Ermäßigung
Mit Ö1 Clubkarte 10% Ermäßigung
Kartenanfragen unter der Telefonnummer (01) 501 70 377 oder per Email
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