Opernwerkstatt: Jonas Kaufmann

Seine Karriere ist im Grunde unvergleichlich – Jonas Kaufmann wird als Verdi-Interpret ebenso geschätzt wie als Wagner-Held. Der deutsche Star-Tenor zu Gast bei Peter Dusek.

Jonas Kaufmann gilt als C-Tenor, der Hollywood-Glamour ausstrahlt und bei Massenet und Puccini genauso überzeugt wie in der Wagner-Rüstung der Gralsritter Lohengrin oder Parsifal. Damit ist er im Verdi-Wagner-Jahr ausgelastet wie kein zweiter seines Faches. In Salzburg gibt er einen neuen Don Carlo, an der Met war er jüngst Parsifal, an der Bayerischen Staatsoper ist er als Manrico in "Il Trovatore" angekündigt. Und als Christian Thielemann zu einer Wagner-Gala an die Semperoper einlud, war Jonas Kaufmann der einzige Solist, der von Rienzi bis Lohengrin und Tannhäuser alles sang, was nur ein Sänger der Extraklasse bewältigen kann.

Jonas Kaufmann hat eine baritonale Mittellage und eine strahlende Höhe, sieht aus wie ein Filmstar und gilt als sympathisch und schlagfertig. Everybody's Darling – kein zweiter hat eine ähnliche Ausstrahlung. Zur Opernwerkstatt im RadioKulturhaus konnte Jonas Kaufmann glücklicherweise relativ leicht überredet werden, weil er an der Wiener Staatsoper eine Puccini-Premiere (samt Rollendebüt) vorbereitet. In "Fanciulla del West" singt er den attraktiven "Räuber" Dick Johnson und wird sicherlich beim Publikum reüssieren.

Jonas Kaufmann

(c) scholzshootspeople

Dabei liegt sein wirklicher Durchbruch noch gar nicht lange zurück. Der 1969 in München geborene Sänger war schon Mitte 30, als er praktisch über Nacht zum "Superstar" aufstieg. 2002 hatte er in Salzburg als Belmonte gute Kritiken – aber von "Hype" war noch keine Rede. Sein Staatsoperndebüt im Jahr 2006 erfolgte als Tamino.

Der Durchbruch an die Spitze folgte prompt beim Met-Debüt: Am 4. Februar 2006 debütiert er in New York als Alfredo in "La Traviata" – seine Partnerin Angela Gheorghiu hatte wie gewohnt großen Erfolg – doch der Star des Abends hieß Jonas Kaufmann. Der Tenor aus Bayern avanciert zum "Latin Lover": Jubel, Ovationen, Glückwunschschreiben – seit diesem Zeitpunkt steht ihm die Opernwelt offen. Seine Partnerinnen heißen nun Anna Netrebko und Elina Garanča und im Jahr 2010 kommt es mit dem Lohengrin in Bayreuth zur endgültigen Ausformung des Phänomens Jonas Kaufmann.

Was ließ ihn zum Zwischenfach-Helden werden? Darüber rätseln auch Fachleute. Meines Erachtens waren es zwei Umstände: Jonas Kaufmann begann mit einer neuen Technik, die Mittellage wurde dunkler, die Höhe "offener" – und außerdem bestand Kaufmann den Stress-Test als "Ersatzmann" für Rolando Villazón, der ab 2009 monatelang pausieren musste. Jonas Kaufmann ist seither immer mehr ins heldische Fach gerückt – aus Rodolfo wurde immer öfter Parsifal, Don José in "Carmen" oder Manrico im "Troubadour".

Dabei wirkt er bei Interviews entspannt und ohne alle Allüren. Der Familienmensch Kaufmann – er hat drei Kinder – versteht es, seine Persönlichkeit locker und unverkrampft zu präsentieren. Als Jugendlicher spielte er gerne Fußball, hörte lieber Dire Straits als Bach und schätzt als Sänger-Vorbilder zwei sehr unterschiedliche Tenöre: Fritz Wunderlich und Franco Corelli. Als Credo für die nächste Generation formuliert er: Jeder muss seinen eigenen, unverwechselbaren Stimmklang – fern aller Vorbilder – entwickeln. Und das trifft bei Jonas Kaufmann zu wie selten.

Im Rahmen der "Opernwerkstatt" präsentierte er auch seine neusten DVD- und CD-Einspielungen sowie seine Biografie. Diese erschien 2010 beim Henschel- Verlag unter dem Titel "Jonas Kaufmann. 'Meinen die wirklich mich?'". Autor ist der Opernkenner Thomas Voigt, der zuletzt durch eine Wunderlich-Edition für Furore sorgte.

Auch die Schattenseiten des heutigen Opernbetriebes kamen zur Sprache. Jonas Kaufmann ist alles andere als ein "Schönredner" – und er kennt nur zu gut den Kaufpreis des Erfolgs. Denn je höher man steigt, umso mehr nimmt der Erwartungsdruck zu. Reisegruppen richten ihre Planung nach dem Schedule eines Jonas Kaufmann, Absagen fällt also immer schwerer – doch niemand kann nur Sternstunden "erzeugen".

Jonas Kaufmann, der am Stadtrand von München als Kind von DDR-Flüchtlingen aufwuchs, hat zu lange im Schatten von Glanz und Glorie gewirkt, um die Folgen von ständiger Medienpräsenz, von "Ruhm" vergessen zu haben. Deshalb wurde er im Großen Sendesaal auch darüber befragt, wie man sich als "Superstar" entspannt, ob noch Zeit für Hobbies bleibt. Wie oft geht er ins Fitness-Studio, wie gesund kann man leben – bei so vielen Flügen? Wie oft sieht ihn die Familie?
Text: Peter Dusek

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Eine Veranstaltung mit Unterstützung der PRIVAT BANK AG der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich.

Service

Opernwerkstatt: Jonas Kaufmann
Sonntag, 13. Oktober 2013
11:00 Uhr
Großer Sendesaal

Jonas Kaufmann