"Verklärte Nacht" – Peter Matić & Merlin Ensemble Wien

Unerhörte Musik, jüdische Musik in Wien und Berlin, Bearbeitungen und Originale, interpretiert vom Merlin Ensemble Wien. Peter Matić las Texte von Bertolt Brecht, Imre Kertész und Arnold Schönberg.

Merlin Ensemble Wien

(c) Stephan von der Decken

Das Merlin Ensemble Wien interpretierte in der Besetzung Martin Walch (Violine), Till Alexander Körber (Klavier) und Luis Zorita (Violoncello) Alexander Zemlinskys "Trio d-Moll op. 3", für Violine, Violoncello und Klavier, drei Stücke aus Max Bruchs "8 Stücke" op. 83, für Violine, Violoncello und Klavier, Till Alexander Körbers "Trio in einem Satz (2013)" - eine österreichische Erstaufführung – sowie Franz Liszts "Orphée", Poème symphonique, für Klaviertrio bearbeitet von Camille Saint-Saëns, drei Stücke aus Felix Mendelssohns "Lieder ohne Worte" (für Klaviertrio bearbeitet von Till Alexander Körber) und das titelgebende Stück, Arnold Schönbergs "Verklärte Nacht op. 4" (bearbeitet von Eduard Steuermann für Klaviertrio).

Peter Matic

(c) Ö1 Hörspielabteilung

Peter Matić über berufliche und persönliche Beziehungen zwischen Stimme und Musik.

Herr Matić, wie lässt sich Ihre Beziehung zur Musik beschreiben?
Ich komme von der Sprache, dadurch habe ich immer sehr viel mehr Bezug zu Musik, die sich auf eine Weise mit Text verbindet: Das beginnt mit dem Lied, geht über Oratorium bis zur Oper und Operette. Es gibt Werke für Sprecher mit Orchester wie Benjamin Brittens "Young Person's Guide to the Orchestra", "Johanna auf dem Scheiterhaufen" mit dem Erzähler Frere Dominique und natürlich "Karneval der Tiere". Auch unter aktuellen Kompositionen gibt es relativ viel Musik, bei der
Sprache gefragt ist. Ich mag das schon deswegen, weil ich das machen kann. Ich habe an der Oper bereits vor 30 Jahren den Haushofmeister in "Ariadne auf Naxos" gespielt, bei den Salzburger Festspielen und an der Volksoper. Jetzt spiele ich ihn an der Staatsoper. Man kann sagen, ich habe ein Liebesverhältnis mit der Musik.

Haben Sie ein Nahverhältnis zur Kammermusik im Speziellen?
Oh ja, als Gymnasiast im Mozarteum hatte ich ein Orchester-, ein Solisten- und ein Kammermusikabonnement. Ich war immer schon sehr musikbegeistert und hatte, wenn ich am Abend im Konzert gesessen bin und das genossen habe, immer die unerledigten Aufgaben für den nächsten Tag im Nacken. Das ist in der Erinnerung verbunden, aber es war damals trostreich. Später habe ich ganz viel mit Kammermusikern zusammengearbeitet, beispielsweise mit dem Altenberg Trio oder mit Pianisten wie Eduard Kutrowatz und Paul Gulda – um nur einige zu nennen.

In der Kammermusik ist jedes Instrument als Einzelstimme fassbarer als in Orchesterwerken. Inwieweit sehen Sie Ihre Stimme als Instrument?
Das kann man vor allem dann sagen, wenn Musik und Lesung ineinandergreifen. Ich habe kürzlich eine wahnsinnig schwere Sache gemacht, ein Quartett von Hans Zender mit Hölderlins Hymne "An die Madonna". Das war vollkommen verquickt ineinander und musste auf den Takt genau gesprochen werden. Vor vielen Jahren habe ich mit dem Radio-Symphonie-Orchester Berlin Busonis kleine Oper "Arlecchino" aufgenommen, darin sind etliche Gesangspartien, aber der Arlecchino spricht. Unvergesslich. Es ist gut gegangen, aber es ist sehr schwierig. Ich kann Noten lesen, aber nur wenn ich weiß, wie es klingen soll. Früher gab es zwar auch Standardwerke mit Sprechern, aber heute werden sehr viel mehr Programme mit Musik und Sprecher arrangiert, auch Liederabende. Was mir sehr entgegenkommt.

Ist unter den Musikstücken im Programm mit dem Merlin Ensemble Wien eines, das Sie besonders schätzen?
Das titelgebende Stück "Verklärte Nacht" ist etwas ganz Wunderbares: herrliche Musik. Das ist ein ganz anderer Schönberg als jener, der später bekannt wurde – total romantisch. Ich habe einmal mit einem Kammermusik-Ensemble in Berlin die "Verklärte Nacht" mit Arthur Schnitzlers "Traumnovelle" kombiniert. Und ich bin sicher, dass auch dieses Programm eine gute Kombination sein wird.

Darf man Kertész' "Roman eines Schicksallosen" mit melancholischschöner Kammermusik verbinden? Wie verhindert man, dass die Literatur zu KZ und Exil durch diese Einbettung eine schwülstige Tendenz bekommt?
Ich glaube, in Kertész' großem Werk wird sich vieles finden, das nicht zu lustig ist. Wobei das Tragische und das Komische ja auch zu einer Kombination kommen – das kann schon reizvoll sein. Schwulstigkeit ist bei Brecht nirgends zu finden, außer er macht sich über etwas lustig. Was Schönberg betrifft, der war ja ein äußerst Trockener, dem Schwulst fremd war. Die "Verklärte Nacht" würde er vielleicht später als "Jugendsünde" bezeichnet haben. Die Briefe, die mir von Schönberg bekannt sind, sind von ganz erstaunlicher Trockenheit – eigentlich so, wie er später komponiert hat. Karg. Er war ganz bestimmt ein sehr pedantischer Kerl. Schon allein, dass er auf mathematischer Basis komponiert hat. Ich muss ehrlich gestehen, damit, was an Schönberg allgemein von Musikkennern so geliebt wird, kann ich wenig anfangen. Da ist mir wirklich der frühe, romantische Schönberg lieber.

Das Interview mit Peter Matić führte Susanne Berndl.

Das Programm "Verklärte Nacht" ist Friedrich Mestler (1910 –1995) gewidmet, Martin Walchs erstem Geigenlehrer. Mestlers Eltern wurden 1942 deportiert und ermordet, er selbst konnte emigrieren und kam in den 1960er Jahren nach Innsbruck, wo er im Symphonie Orchester und als Professor am Konservatorium tätig war.

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Eine Veranstaltung in Kooperation mit der Tageszeitung Die Presse.

Service

"Verklärte Nacht" – Peter Matić & Merlin Ensemble Wien
Montag, 27. Jänner 2014
19:30 Uhr
Großer Sendesaal

Merlin Ensemble Wien