The Snow Owl – "Normas"

Konzert des kolumbianischen E-Kontrabassisten Juan Garcia-Herreros alias "Snow Owl", der mit seinem 3. Album "Normas" in der Kategorie "Best Latin Jazz Album" für den Latin Grammy Award 2014 nominiert war - und damit zum ersten Mal ein Jazz-Album, welches zur Gänze in Wien produziert worden ist.

Dass sie in der Band Rhythmus und Groove bestimmt, ist nur eine von vielen Facetten der Bass-Gitarre von Juan Garcia-Herreros. Denn der Ausnahmemusiker besitzt die Fähigkeit, mit jedem Saitenanschlag die klanglichen Möglichkeiten seines Instrumentes zu erweitern. Dazu gehört mehr als nur technisches Können, dazu gehören auch Erfahrung, Kreativität und ein weiter musikalischer Horizont. Juan Garcia-Herreros hat alles im Übermaß aufzuweisen.

Mit seinem speziellen Instrument, einer sechssaitigen Kontrabass-Gitarre, präsentierte er Kompositionen seiner dritten, mit einem "Latin Grammy" nominierten CD "Normas". Ausgezeichnet mit der höchsten Anerkennung internationaler Bass Magazine, setzt Snow Owl neue Standards in den Rängen der besten Bassisten und Komponisten unserer Generation. Mit ihm auf der Bühne: Marko Črnčec (Slovenien) am Keyboard, Stoyan Yankoulov (Bulgarien) an den Drums, Jeremy Powell (USA) am Saxofon, Jonathan Powell (USA) an der Trompete und Alejandra María (Kolumbien) an der Electric Violin.

Snow Owl

(c) Gustavo Allidi Bernasconi

Ein Interview von Susanne Berndl

Wenn man die Titel auf "Normas" übersetzt, entdeckt man u.a. "Mr. P.C.", "Footprints", "Inner Urge" und "Body and Soul". Musikalisch sind die Referenzen teilweise sehr versteckt. Welche strukturellen Zusammenhänge bestehen zu den titelgebenden Standards?

"Señor C.P." zum Beispiel ist ein Moll-Blues, genau wie "Mr. P.C.", es ist dieselbe Harmonie. Musiker, die diese Standards gespielt haben, erkennen vielleicht die Stufen, die Harmonien. Es ist nur so: Rhythmisch leben wir nicht mehr in den 1960ern – ich wollte ein Update dessen machen, was wir "Standards" nennen, "Normas" heißt übersetzt "Standards".

Was steckt hinter dem Stück "Som I Serem"?

"Som I Serem" war der erste Satz, den ich im Flughafen gelesen habe, als ich in Barcelona landete. Als ich erfahren habe, dass er "Wir sind und werden immer sein" heißt, habe ich das extrem schön gefunden, weil ich finde, dass niemand seine Kultur, seine Wurzeln, verstecken sollte. Man sollte stolz darauf sein und das ein bisschen feiern, egal, ob in Österreich, Kolumbien, Katalonien oder sonstwo. Es gibt immer etwas, auf das du stolz sein darfst.

Was ist für Sie das Spannende daran, sich diesen Standards zu nähern?

Es inspiriert mich, wie jeder Musiker in seiner Zeit die Energie des Moments dokumentiert hat. Beispielsweise zur Zeit des Civil Right Movements: Miles Davis, Art Blakey u.a. haben genau diese Botschaft geliefert: Das ist unsere Zeit. Ich wollte zeigen, was Jazz heute ist, wie meine Zeit klingt. Durch die Globalisierung und das Internet ist alles, was wir haben und sind, sowieso Fusion, auch musikalisch. Meine Melange entsteht durch all das, was ich beispielsweise in Malaysia, Österreich, Deutschland, den USA, Kanada oder Südamerika gelernt habe, als ich dort gespielt habe. Diese Mischung ergibt die wunderbare Dokumentation dessen, wie die Musik heute klingt, wie Jazz Musiker die Musik heute spüren. Niemand kann Bebop reproduzieren, wir wohnen in einer anderen Zeit – politisch, emotional und technologisch. Musik sollte die aktuelle Zeit ehrlich widerspiegeln.

Erzählen Sie uns ein bisschen über Ihr Instrument, die Kontrabass-Gitarre.

Der Name stammt von Anthony Jackson, er hat das Instrument entdeckt und entwickelt. Ich kenne außer ihm niemanden, der auch dieses Instrument spielt. Viele spielen einen sechssaitigen Bass, aber die haben nicht diese 28 Bünde und diese Größe. Die H-Saite z.B. hat dieselbe Länge wie die H-Saite eines Pianinos. Ich spiele jeden Ton, der in die Lage des Bassschlüssels fällt – vom tiefsten A einer Orgel oder eines Klaviers bis zum hohen E des Cellos. Du kannst wie ein Chamäleon sein mit diesem Instrument: Es gibt Aufnahmen, wo Leute gedacht haben, das war ein akustischer Bass. Man kann auch sehr hoch solieren, sodass es ähnlich wie eine Gitarre klingt.

Ist es Ihr Anspruch, die Funktion der Gitarre mit zu übernehmen?

Wenn wir mit voller Besetzung spielen, ist immer eine Gitarre dabei. Ich will kein Gitarrist sein, ich bin Bassist. Mein Instrument hat einfach eine erweiterte Lage in beide Richtungen, mehr tiefe und mehr hohe Töne. Ich bin ein "Bassist plus", 2.0!

Das Grundtempo Ihrer Musik ist tendenziell langsam, gemütlich, man merkt aber schnell, wie durchdacht und komplex sie ist. Dabei erzeugt die Musik keinen Druck im Kopf, sondern ist im Bauch spürbar. Wie geht das?

Meine Herausforderung als Komponist ist: Schreib niemals etwas, dem das Publikum nicht folgen kann. Du kannst intellektuell herausfordernde Musik für die Musiker schreiben, es aber trotzdem schaffen, dass das Publikum bei jedem Schritt mitfährt. Ich nehme einen Rhythmus, einen Groove, ein musikalisches "Stichwort" als Referenz – damit der Zuhörer weiß, er kann mitgehen. In jedem Stück gibt es diese Balance zwischen Virtuosität und einem gewissen Minimalismus. Es ist so schade, wenn ein Musiker spielt und spielt und der Zuhörer das Gefühl hat: Ich habe mit diesem Mann auf der Bühne nichts zu tun. Ich will, dass das Publikum versteht und mitreist. Ich will nicht, dass die Leute aus dem Konzert gehen und denken, sie sind intellektuell verarscht worden. Es war immer mein Ziel, dass alle auf hohem Niveau Spaß haben.

Was darf das Publikum im RadioKulturhaus erwarten?

Es wird ein paar Überraschungen geben, zwei oder drei Stücke, die wir spielen werden, haben im RadioKulturhaus Weltpremiere und verweisen auf die nächste CD, die bereits in Planung ist. "Normas" ist immer noch eine unglaubliche Reise für mich als Mensch, als Musiker, als Geist. Ich habe die große Ehre zu sagen, dass das Album für die Latin Grammys in der Kategorie "Best Latin Jazz Album" nominiert ist, wir waren Nummer drei in den US-Jazz-Charts. Es macht mich sehr stolz, dass wir der Welt eine Produktion zeigen, die in Österreich, in Wien, aufgenommen, komponiert und zum Leben gebracht wurde. Ich bin sehr dankbar, dass diese Musik weltweit im Radio, im Fernsehen und in den Konzerthäusern gespielt wird.

Service

The Snow Owl – "Normas"
Montag, 24. November 2014
20:00 Uhr
Großer Sendesaal

The Snow Owl