Live@RKH: Fijuka

Ankathie Koi (Stimme und Synthesizer) und Judith Filimónova (Bass und Stimme) zu Gast im RadioKulturhaus.

Fijuka

(c) Clemens Schneider

Seit einiger Zeit ist es Common Sense, dass das hochsommerliche Popfest Wien – die wichtigste Live-Plattform für musikalische Newcomer und arrivierte Lokalheroen der Stadt – von einer Mann/Frau-Kombination kuratiert wird. Anno 2016 sind dies Gerhard Stöger, "Falter"-Musikredakteur und einer der Autoren des einschlägigen lokalhistorischen Kompendiums "WienPop", und Ankathie Koi, zur Hälfte Sängerin der Formation Fijuka. Auf Letztere wollen wir den Scheinwerfer unserer Aufmerksamkeit richten. Denn eine Kuratorin kann sich schwerlich selbst programmieren und ungeniert das Bühnenpodest erklimmen – auch wenn das Duo Fijuka dies gerade jetzt verdient hätte. Doppelt und dreifach. Denn: Es gibt kaum ein spannenderes, anmutigeres, feminineres (und dabei klar feministisches) Pop-Projekt weit und breit.

Schnitt. Am Silvesterabend intonierten Fijuka live auf Ö1 "I'm On Fire" von Bruce Springsteen. Stilgerecht umrahmt von brennenden Kerzen, andächtig belauscht im Rahmen der "Jet Lag All Stars Radio Show". Es war einer der Momente, wo ein Funke überspringt – der Funke der Erkenntnis, dass Charisma niemals aus Kalkül entstehen kann, sondern immer nur aus Instinkt. Fijuka hatten den Springsteen-Klassiker schon einmal ausgepackt, bei einem Auftritt in der popkulturellen Jugendbücherei der Stadt, dem "phil" in der Gumpendorferstraße.

"Wir stehen ja in keiner Tradition", erläutert Judith Filimónova, die professionelle Partnerin von Ankathie Koi. "Wir sind keine Indierock-Band und spielen auch keinen klassischen Singer/Songwriter-Pop. Es ist auch nicht so, dass wir jahrelang Topsy Küppers studiert hätten."

Es ist also lustvoller Eklektizismus, wenn man keine Scheu vor großen Namen und unverhohlenen Referenzen zeigt; von Kate Bush bis Goldfrapp, von Moloko bis Julia Holter, von Fleetwood Mac bis Roxette reichten die Kritiker-Assoziationen.

Schnitt. Fijuka sind also Ankathie Koi (Stimme und Synthesizer) und Judith Filimónova (Bass und Stimme). Das deutsch-österreichische Duo (Burghausen/Wien) hat sich auf der Wiener Kunstuniversität kennengelernt – bezeichnenderweise während eines Seminars zum Thema "Frauen in der Popmusik" – und schnell, "im Zuge gemeinsamen Herumlungerns in schäbigen Spelunken" (FM4 Soundpark), eine Vorliebe für Pop mit einem dunklen Twist und einem Augenzwinkern entdeckt.

Beide waren bereits in mehreren Bands und Musikprojekten zugange, aber erst mit Fijuka definieren sie ihre eigene musikalische Vision. Es ist ein multiinstrumentaler, experimentierfreudiger Pop, immer auf der Suche nach neuen Wegen der Klangerzeugung. Fijuka gibt es seit dem Frühjahr 2011, im April 2013 erschien ihre erste EP "Behave (From Now On)". Es folgte das selbstbetitelte Debütalbum, im Oktober 2015 dann das Zweitlingswerk "Use My Soap". Jetzt ist Karriere-Konsolidierung angesagt – Talentproben hat das Duo genug abgeliefert, gewitzte und optisch aufwendig inszenierte Videos inklusive.

Schnitt. "Es gibt so Bands, die erscheinen plötzlich auf der Bildfläche und sind dann auch gekommen, um zu bleiben", befand "The Red Bulletin". "So oder so ähnlich war das bei Fijuka." Die wichtigste Nebenfrage: Hat das Frauenduo in der Post-Falco-Ära – noch vor Bilderbuch – den Style in die österreichische Popmusik zurückgebracht? Sagen wir mal so: Goldene Spandex-Hosen, zu barocken Haartürmen toupierte Frisuren, grellbunte Schminke, Taftröcke und Barbarella-Science-Fiction-Accessoires sieht man sonst selten auf heimischen Bühnen. Aber sie sind nur Beiwerk in einem keck verdrehten, tolldreist umgekehrten Rollenspiel.

"Ob das von prächtigen Locken umrahmte Augenzwinkern reicht, um als weiblicher Gegenentwurf zu einer perfekt ausstaffierten Wiener-Strizzi-Italo-Schlager-Bussi-Welt durchzugehen, darf bezweifelt werden", mokierte sich die Tiroler Tageszeitung. Treffer! Mit Posen- und Possen-Profis wie Wanda wollen Ankathie Koi und Judith Filimónova gewiss nicht verwechselt werden. Der fragile Zauber von Fijuka benötigt den Mut, sich bedingungslos auf ihn einzulassen. Dann wirkt er, aber wie!

Text: Walter Gröbchen

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Eine Veranstaltung in Kooperation mit "Der Standard", "thegap", FM4 und Ö1.

Service

Live@RKH: Fijuka
Donnerstag, 2. Juni 2016
20:00 Uhr
Großer Sendesaal


Fijuka