Rosl und ihre Tochter – Leben und Kabarett zwischen 1914 und 1936

Präsentation der neu aufgelegten Autobiografie der kürzlich verstorbenen Liesl Müller-Johnson.

Liesl Müller-Johnson

(c) Schutters Ltd.

Frauen vor dem bewegten Horizont des zwanzigsten Jahrhunderts: Bronja, das jüdische Mädchen aus Galizien, das sich um 1890 als Analphabetin nach Wien durchschlägt und als Hausmeisterin in der Weintraubengasse eine respektable Existenz aufbauen kann; Rosl, Bronjas 1903 geborene, vaterlos aufgewachsene Tochter aus der Beziehung mit dem Spieler Eduard Slovik, die 1914 aus der Ballettschule heraus ans Carltheater engagiert wird, in der untergehenden Donaumonarchie zum Kinderstar avanciert und unter dem Künstlernamen Rosl Berndt zwischen 1924 und 1936 zu den gefeierten Größen der Wiener Kabarettszene zählt.

Und schließlich Liesl, Rosls 1922 geborene Tochter aus der kurzen Ehe mit dem ungarischen Kriegshelden, Glücksritter und Kabarett-Simpl-Besitzer Karl Müller, die als Kind einer europaweit gefragten Künstlerin höchst unkonventionell aufwächst und von klein auf lernt, sich in kürzester Zeit an wechselnde Lebensumstände anzupassen.

Die Welt von Rosl Berndt und Liesl Müller ist bestimmt von Glanz und Glamour, berühmte Persönlichkeiten wie Marlene Dietrich und Richard Tauber gehen darin ein und aus, und das Schicksal springt mit Rosl Berndt weit gnädiger um als mit ihren jüdischen Kollegen Fritz Grünbaum oder Fritz Löhner-Beda. Sie muss nicht emigrieren wie ihre Bühnenpartner Hermann Leopoldi und Karl Farkas, sondern folgt 1936 ihrem zweiten Ehemann, einem rumänischen Ölmagnaten, freiwillig nach Bukarest, wo sie und ihre Tochter fast bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs unbehelligt bleiben.

Der Preis ist dennoch hoch: Eine abgebrochene Karriere, an die sie nie wieder anknüpfen kann, und ein zerbrochenes Leben, als Rumänien unter kommunistische Herrschaft gerät. Liesl Müller-Johnson lebte seit ihrer Heirat mit dem englischen Fliegerleutnant Johnnie Johnson im Jahr 1947 in England. 1957 begründete sie eine der führenden Organisationen für Sprachstudenten in Großbritannien, die sie bis 2002 erfolgreich leitete; in fortgeschrittenen Jahren trat sie überdies als Chansonsängerin in die Fußstapfen ihrer Mutter und nahm sechs CDs auf.

Die Kulturpublizistin Monika Mertl hat ihre Autobiografie aus dem Englischen neu gefasst und ergänzt. Im Gespräch zwischen Monika Mertl und Irene Suchy, in Zuspielungen und Bildern wurde die kürzlich verstorbene Liesl Müller-Johnson porträtiert.

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Rosl und ihre Tochter – Leben und Kabarett zwischen 1914 und 1936
Donnerstag, 18. September 2014
19:30 Uhr
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