Porträt von Martin Haidinger

Martin Haidinger © Stephan Huger

Haidingers LiteraTouren: Joseph Roth

Die Legende vom heiligen Trinker: Das Vermächtnis des Joseph Roth

Mit letzter Kraft schreibt Joseph Roth (1894-1939) im Pariser Exil die "Legende vom heiligen Trinker", eine Novelle, deren Erscheinen er nicht mehr erleben wird. Bald darauf geraten bei seinem Begräbnis Linke, Juden und habsburgtreue Legitimisten aneinander; alle raufen sie um sein geistiges Erbe, beanspruchen den aus Brody, Galizien, gebürtigen Sohn des alten Österreich für sich. Tatsächlich war der Autor von "Hiob", "Radetzkymarsch", "Das falsche Gewicht" und "Kapuzinergruft" nichts davon und doch ein bisschen was von alldem. "Mein Wort ist noch lange kein Bekenntnis", sagt er einmal in seiner Betrachtung über "Die weißen Städte".

Können wir ihm, dem daueralkoholisierten jüdischen Ex-Roten und monarchistischen Begierdekatholiken mit hymnischer Verehrung für die Habsburger die "Legende vom heiligen Trinker", der vergeblich versucht, seine Schulden bei der heiligen "kleinen Therese" zu begleichen, als Werk ehrlichster Selbsterkenntnis zumessen?

Martin Haidinger mit einer Interpretation von Joseph Roths wohl bekanntester Erzählung.