In Eigenregie: Briefe an eine Geliebte

Mavie Hörbiger, erfolgreicher Spross der berühmten österreichischen Schauspielerdynastie, und Bühnenstar Michael Maertens lasen aus dem Briefwechsel zwischen Theodor Storm und Constanze Esmarch.

Wir schreiben das Jahr 1856. Theodor Storm, jener Dichter, der die norddeutsche Winterdepression in eine literarische Sehnsucht verwandelte, findet erstmals keine Worte. Constanze. Vor Kurzem war noch Weihnachten. Bilder von Kaminfeuer, Bratapfel und Tee mit Rum und Kandis ziehen an mir vorüber. Das schönste Geschenk: neue Liebe. Und doch ist die Rede von Trennung. Jener Storm, der den aufkeimenden Realismus mit dem Unheimlichen verband, irgendwo zwischen E.T.A. Hoffmann und Edgar Allan Poe, ein Romantiker und doch ein höchst moderner Mann hat es schwer dieser Tage.

Ich steige ins Flugzeug. Mein Ziel ist das Theodor-Storm-Archiv, dessen engagierte Leitung mir weithin unbekannte Texte versprochen hat.

Die Trennung ist mehr als ein Rückzug ins Schreiben, sie ist verordnet von Constanzes Familie, welche die ungern gesehene Verbindung auf die Probe stellt: Zwei Jahre sollen die beiden einander nicht sehen. Ist die Liebe bis dahin nicht verweht, dürfen sie heiraten. In dieser ‚Ewigkeit' wird ein tausende Blatt starker Briefwechsel entstehen zwischen dem arrivierten Schriftsteller und der weitaus jüngeren Constanze, die anfangs ungelenk im Verlaufe eine immer eigenständigere Position entwickelt. Dieser Briefwechsel, literarisches Dokument und Zeitzeugnis gleichermaßen, ist erhalten und jetzt Ziel meiner Reise.

Langsam füllt sich das Flugzeug. Ich öffne meine Tasche, um meine Unterlagen durchzusehen. Als ich aufblicke, schaue ich in ein bekanntes Gesicht. Was machst du denn hier? sagt Michael Maertens. Ich fliege nach Hamburg, antworte ich intelligenterweise - und du? Michael grinst und setzt sich neben mich, wir haben aufeinander folgende Sitznummern. Kaum jemand ist als Schauspieler soviel unterwegs wie Michi, Wiener Burgtheater, Schauspielhaus Zürich, Thaliatheater Hamburg, Berliner Ensemble, im Sommer dann Salzburg... Ah, du liest Storm, sagt er, Storm hat mich immer schon interessiert! Ich weiß, dass es Zufall ist. Doch manchmal fällt es schwer, daran zu glauben.

Müsste es nicht möglich sein, diesen Briefwechsel gekürzt für einen intimen Theaterabend aufzubereiten? Eine atmosphärische Lesung vielleicht für dunkle Winterabende?... Wer wäre besser geeignet, diese Brüche feinfühlig zu interpretieren, als Michael Maertens, selbst Norddeutscher, mit seinem warmen, klangvollen Timbre?

Einmal angenommen - wer würde die anfangs etwas unbedarfte Kindfrau darstellen können, die im Laufe der Zeit mit Aufrichtigkeit und Gradlinigkeit diesen hochgradig spannenden und empfindsamen, aber nicht ganz einfachen Mann an sich binden und ihm Geborgenheit vermitteln lernt? Mavie Hörbiger, sagt Michael Maertens ohne Zögern. Was? sage ich, diese wunderschöne Frau? Eben die, lacht Michael Maertens, meine Frau.

Text: Christian Papke


In Eigenregie: "Theodor Storm - Briefe an eine Geliebte" - Mavie Hörbiger & Michael Maertens
Bühnenfassung und Regie: Christian Papke.
Montag, 4. Februar 2008
20:00 Uhr
Großer Sendesaal

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Links
Mavie Hörbiger
Wikipedia - Michael Maertens
Christian Papke