Zweimal Dieter Hildebrandt

Gleich an zwei Abenden war der Altmeister des deutschen Kabaretts, Dieter Hildebrandt, im RadioKulturhaus zu Gast: Mit Werner Schneyder im Gespräch bei Georg Markus und im "Kabarett direkt" mit seinem neuen Buch "Nie wieder achtzig!".

Die berühmte Hildebrandt'sche Stottertechnik und die Kunst der Abschweifung - der vermeintlich konfuse, tatsächlich aber planvolle Sprung vom Hölzchen aufs Stöckchen - sind zu seinen Markenzeichen geworden. Klein fing er als Platzanweiser in dem Münchner Kabarett der "Kleinen Freiheit" an, heute ist Dieter Hildebrandt Deutschlands prominentester Kabarettist und eine Institution der Satire.

"Denn sie müssen nicht, was sie tun", hieß 1956 das erste Programm der Münchner "Lach- und Schießgesellschaft", deren Mitbegründer der damals 29-Jährige war. Hildebrandt, geboren am 23. Mai 1927 im schlesischen Bunzlau als Sohn eines Oberlandwirtschaftsrats, wurde mit seinen Fernsehserien "Notizen aus der Provinz" und den insgesamt 144 "Scheibenwischer"-Sendungen zum politischen Gewissen auch im deutschen Fernsehen. Der nervöse Brillenmensch mit seinen überaus scharfzüngigen Polit-Anzüglichkeiten, der scheinbar schüchtern, aber wie der Blitz Zurufen aus dem Publikum kontert, blieb sich immer treu und trotzte erfolgreich der Krise des Kabaretts vor allem in den 1970er Jahren.

Als sich die erste Lach- und Schießgesellschaft 1972 nach 17 Jahren auflöste, war dies "ein wohlbedachter Schluss. Jeder war bekannt und wollte einfach mal was anderes machen", sagt Hildebrandt. Mit Werner Schneyder trieb Hildebrandt ab 1974 die Pointen zu unnachahmlicher Brillanz, ließ in den Kammerspielen mit Gerhard Polt und Co "München leuchten" und deckte in "Diri Dari" die verschlungenen Wege von Politik und Kommerz rigoros auf.

Ab 1976 formierten sich immer wieder neue Gruppierungen unter dem alten Namen "Lach- und Schießgesellschaft", unter dem inzwischen auch die ehemalige Kneipe "Stachelschwein" firmierte. Immer öfter traten auch Gäste wie Helen Vita oder Georg Kreisler auf. Die Lach- und Schießgesellschaft blieb erste Adresse für alle, die es danach nach ganz oben im Bereich der intellektuellen Unterhaltung brachten.

Schneyder, mit dem Hildebrandt über acht Jahre lang gemeinsam auf der Kabarett-Bühne stand, drohte bei dessen 80er, "die Freundschaft aufzukündigen", sollte Hildebrandt "einen Anflug von Altersmilde zeigen", denn "das wäre Verrat an der eigenen Biografie". Solche "Ausreden" wie "ermüdet" oder "abgespielt" haben laut Schneyder für einen deutschen Satiriker nicht zu gelten, "dafür gibt es noch viel zu viel zu tun".

In diesem Sinne lud Georg Markus in seiner Veranstaltung "Das war’s" am 17. Jänner zu einem historischen "Gipfeltreffen" zwischen den beiden, quasi als Auftakt zu einem speziellen "Kabarett direkt" am 18. Jänner, wo Prix Pantheon- und Grimme-Preisträger Hildebrandt sein Buch "Nie wieder achtzig!" präsentierte und neben aktuellen Texten auch ein "Best of" aus fünf Jahrzehnten las.

Dieter Hildebrandt nannte sein letztes Buch prophetisch "Ausgebucht". Wie wahr! Mit "Nie wieder achtzig!" wiederholt sich der Erfolg: Wo immer er bisher aus diesem Buch las, die Säle waren voll. So auch der Große Sendesaal. Es gibt schließlich Wichtiges zu kommentieren und zu beschreiben: von Gammelfleisch und Gesundheitsreform über Papst Benedikt, Bär Bruno, Bundeswehreinsätzen und Transrapid-Rangeleien bis zur Fußball-WM hinter uns und der EM vor uns. Alles echte "Hildebrandts"!

Der Altmeister des Kabaretts karikiert Menschen, die man plötzlich völlig anders sieht, er kommt vom Hundertsten ins Tausendste, er verknüpft die Politik mit der Kunst, das Persönliche mit dem Nationalen. Dieter Hildebrandt ist angriffslustig, wo es Not tut, nachdenklich, wo es angebracht ist, und komisch, wenn es ihm gefällt.

Text: Reinhard Seifert

Mehr zu Dieter Hildebrandt in oe1.ORF.at

Das war's - Heitere Erinnerungen an das 20. Jahrhundert: Dieter Hildebrandt und Werner Schneyder bei Georg Markus
Donnerstag, 17. Jänner 2008
20:00 Uhr
Großer Sendesaal

Kabarett direkt: Dieter Hildebrandt
Freitag, 18. Jänner 2008
20:00 Uhr
Großer Sendesaal