Im Zeit-Raum: Der Islam in Europa

Weder Feindbildentwürfe noch Multikulti-Romantik helfen der Gesellschaft weiter. Die islamische Theologin Hamideh Mohagheghi spricht mit Johannes Kaup über mögliche Wege zu einem neuen Miteinander.

Seit den Sechziger und Siebziger Jahren haben zahlreiche Staaten billige Arbeitskräfte zur Aufrechterhaltung der Wirtschaft nach Europa gelockt. Heute leben sie bereits in der zweiten und dritten Generation hier und haben zu einem Großteil bereits die Staatsbürgerschaft der Gastländer erhalten.

Doch gekommen sind nicht nur Millionen billiger Arbeitskräfte, sondern Menschen mit einer eigenständigen Kultur und Religion, dem Islam. Wirklich integriert wurden sie allerdings von der Gastgesellschaft nicht. Meist wurde von ihnen eine Assimilierung an die kulturellen Gepflogenheiten der Mehrheitsgesellschaft erwartet. Es fehlte an Verständnis für die Religion und eigenständige Kultur der Migranten.

Spätestens seit den Terroranschlägen des 11. September 2001 ist eine Diskussion darüber entbrannt, ob die muslimische Religion mit den Werten von offenen, aufgeklärten und demokratischen Gesellschaften in Europa vereinbar ist. Die Debatte entzündete sich in den letzten Jahren vor allem durch eine stärker zur Schau getragene Identität von Muslimen in Europa: Dürfen Frauen in öffentlichen Ämtern aus religiöser Überzeugung einen Schleier tragen? Muss man nicht den Bau von Minaretten offiziell verbieten lassen?

Kritiker werfen dem Islam pauschal Intoleranz, Gewaltbereitschaft und Frauenfeindlichkeit vor. Das Wort vom "Islamfaschismus" und von der "Aufklärungsbedürftigkeit" wurde in die Debatte eingeworfen, populistische Politiker lassen keine Chance aus, mit den Symbolen Schleier und Minarett, bei der Mehrheitsbevölkerung Ängste vor kultureller Fremdbestimmung zu schüren. Probleme des Zusammenlebens, die vor allem in manchen urbanen Regionen durch eine verfehlte Wohnbaupolitik entstanden sind, werden nun den "Anderen" aufgrund ihrer Religion und Kultur angelastet.

So ist eine gesellschaftliche Stimmung der Provokation, des Misstrauens und der Abgrenzung entstanden. Die Stärke Europas heute liegt aber in seiner positiven Integrationsfähigkeit von Menschen unterschiedlicher Herkunft, Kultur und Religion. Jenseits eines skeptischen Nebeneinanders und einer euphorischen Multi-Kulti-Ideologie gilt es deshalb ehrliche und gangbare Wege zu einer Kultur eines neuen Miteinanders zu finden.

Die in Deutschland lehrende islamische Theologin Hamideh Mohagheghi ist selbst eine Migrantin und stammt ursprünglich aus dem Iran. Sie ist Vorsitzende der muslimischen Akademie Deutschland und hat sich als Vertreterin einer feministisch orientierten islamischen Theologie im deutschen Sprachraum einen Namen gemacht.

Text: Johannes Kaup

Eine Veranstaltung in Kooperation mit der Wiener Zeitung und UPC.

Im Zeit-Raum: Der Islam in Europa

Dienstag, 21. Oktober 2008
18:30 Uhr
Großer Sendesaal

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