Sven-Eric Bechtolf & Franui: Brahms Volkslieder
Einem breiteren Publikum bekannt geworden ist das zehnköpfige Ensemble mit seiner eigenwilligen Interpretation von Schubertliedern:
"Die Musiker machen nichts, was man nicht auch bei Schubert finden könnte", schrieb die Süddeutsche Zeitung, "aber man muss es aufspüren, so wie diese musikalischen Seelenforscher aus Osttirol ... Franui legen die volksnahe Seele Schuberts frei ... und sind dabei so zart, so vorsichtig, als hätten sie Angst, sie könnten den Liedern Gewalt antun."
In ihrem neuesten Projekt nehmen sich die Musiker von Franui mit ihrer unverkennbaren Klangmischung aus Holz- und Blechbläsern, Saiteninstrumenten und Streichern die Deutschen Volkslieder von Johannes Brahms vor, die dieser als alter Mann herausgegeben hat: Lieder, die von Zuneigung und Abschiednehmen erzählen, von Liebestollheit, Verlust und abgrundtiefer Trauer. Schön und schaurig zugleich ist diese Sammlung, geschrieben für ein kollektives Nachleiden der großen Gefühle.
Beste Voraussetzungen also für die trauermarsch- und tanzbodenerprobte "Musicbanda", die Brahmschen Notenblätter gegen das Licht zu halten und weiter zu komponieren - durchaus im Wissen, dass auch manches "Volkslied" von einem mehr oder weniger vergessenen Tonsetzer oder Textdichter frei erfunden ist.
"Nach 1945 ist im deutschsprachigen Raum die jahrhundertealte Komponisten-Tradition, Volkslieder als Grundstoff für neue Werke zu gebrauchen, abgerissen", so die Franui-Komponisten Markus Krale und Andreas Schett. "Niemand wollte in die Nähe derer gerückt werden, die für ihre Verbrechen auch die Volksmusik instrumentalisiert hatten. Sechs Jahrzehnte später sei es gestattet, die Musik freizulegen von Interpretationen und Besetzungen im musikalischen wie im politischen Sinn, die Melodien aufzugreifen, sich in sie hineinzubegeben und von innen heraus zu verwandeln."
In der Bearbeitung durch Franui ist das Erbmaterial der Volkslieder in ständigem Wandel begriffen, geht immer neue Verbindungen ein. Ganz- und Halbstrophen, Melodien und Textzeilen finden im wohlgeordneten Chaos zueinander. Manch ein Teil sträubt sich freilich auch gegen Mutationen. Die "Brahms Volkslieder" wurden im Juli 2008 im Rahmen der Bregenzer Festspiele als "szenisches Konzert" uraufgeführt und waren nun im RadioKulturhaus zum ersten Mal live in Wien zu hören. Und dazu gab's noch eine Besonderheit: Zwischen den einzelnen Stücken und in sie hinein las Burg-Schauspieler und Regisseur Sven-Eric Bechtolf aus Zitatensammlungen und Briefen von Johannes Brahms.
Die jüngst beim Label col legno erschienene CD wurde bereits äußerst positiv aufgenommen: "Originale werden gefälscht, bearbeitet und variiert, bis plötzlich wieder längst verschüttet gegangene Wahrheiten auftauchen ... Brahms wird hier grob über den Tanzboden gestaucht und gleich wieder höchst liebevoll ernst beim Notenwort genommen." (Die Welt).
Sven-Eric Bechtolf und die "Musicbanda" Franui: Brahms Volkslieder: "Nur ein Gesicht auf Erden lebt..."
Freitag, 13. und Samstag, 14. März 2009
Jeweils 19:30 Uhr
Großer Sendesaal