Klassische Verführung: Maurice Ravel
Spanische Musik? Musikfreunde assoziieren damit in aller Regel zuerst Werke französischer Komponisten. Von Bizets "Carmen" bis zu Ravels "Bolero". Manuel de Falla, mit seinen Ballettmusiken und dem aparten Klavierkonzert namens "Nächte in spanischen Gärten" einer der wenigen Spanier, die es zu Berühmtheit gebracht haben, beobachtete die hispanophilen Gelüste der nördlichen Nachbarn mit Interesse.
Nicht nur, dass Kompositionen wie Claude Debussys "Iberia"-Suite dank ihrer stilistischen Innovationen prägend für eine ganze Generation gewirkt haben. Auch die Raffinesse, mit der die französischen Kollegen, die großen Impressionisten insbesondere, den rechten Ton trafen, schien erklärungsbedürftig. Im Falle der "Spanischen Rhapsodie" aus Maurice Ravels Feder, wusste de Falla Rat: "Wie aber sollte ich mir diesen so subtil authentischen Hispanismus erklären? Ich fand rasch die Lösung des Rätsels: Ravels Spanien war ein idealisiertes Spanien, wie er es durch seine Mutter kennengelernt hatte."
Tatsächlich war Ravels Mutter Baskin. Ihre Gesänge, die seine Kindheit begleiteten, waren prägend für sein melodisches Empfinden. Viele seiner Werke verraten ihr Kolorit schon im Titel, vom quirligen Einakter "Die spanische Stunde" bis zur hintergründigen Morgenmusik eines Gauklers im Klavierzyklus "Miroirs", der sogenannten "Alborada del gracioso".
Grund genug, sich im Rahmen der "Klassischen Verführung" einmal einem jener spanischen Stücke Maurice Ravels zu widmen. Das ORF Radio-Symphonieorchester und sein Chefdirigent, Bertrand de Billy, stellten die "Rhapsodie espagnole" im RadioKulturhaus vor. Dabei konnte mittels Einzelbeispielen ergründet werden, was das typisch Spanische ist, das de Falla, der's wissen musste, als so authentisch empfand.
Aber auch die raffinierte Orchestrierungstechnik Ravels konnte durchleuchtet werden: Wie der Komponist in impressionistischer Mal-Technik Schichten von musikalischen Farbwerten übereinanderlegt, um damit den unverwechselbaren, irisierend schillernden Klang zu generieren, der für seine Partituren so charakteristisch ist. In der "Rhapsodie" finden sich zwischen den dunkel leuchtenden Nachtstimmungen des "Prélude à la nuit" und den rauschenden Festklängen des Finales ("Ferià") zwei verhaltene Tanzsätze, eine rasche, dahin huschende "Malaguena" und eine waschechte "Habanera", die sich zu jener berühmten aus Bizets "Carmen" verhält wie eine pastellfarbene, idealisiert gemalte Variante einer Ansicht zu einer gestochen scharf fotografierten Postkarte.
Außerdem am Programm: "Tzigane" - Rhapsodie für Violine und Orchester (1924). Solistin war Isabella Faust.
Text: Wilhelm Sinkovicz
Eine Veranstaltung in Kooperation mit dem Wiener Stadtschulrat und "Die Presse", unterstützt von EPAMEDIA.
Klassische Verführung: Maurice Ravel - Rhapsodie espagnole
Dienstag, 24. März 2009
19:30 Uhr
Großer Sendesaal
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Die Presse
ORF Radio-Symphonieorchester