Im Zeit-Raum: Sucht und Sehnsucht

Sucht ist ein gesellschaftliches Tabu. Obwohl allerorts und vielgestaltig zu finden. Welche Wege aus der Abhängigkeit gibt es in der Suchtgesellschaft? Johannes Kaup spricht mit Michael Musalek, Psychiater und Leiter der größten Suchtklinik Europas, dem Anton-Proksch-Institut in Wien-Kalksburg.

Es gibt eigentlich nichts auf der Welt, was man von vornherein in die Kategorie Sucht einreihen könnte. Nicht einmal die Opiate. Sie können bei der Schmerzstillung hervorragende Dienste leisten. Aber vielerlei Stoffliches und Nicht-Stoffliches kann zur Sucht werden: Alkohol, Nikotin, Arbeit, Essen, Einkaufen, Sex, Spiel, Internet, Sport, Geld und Macht. All das gibt es in gesunden und in krankhaften Formen.

Wer süchtig ist und an dieser Sucht erkrankt, der leidet schwer. Dies bezeichnet auch die etymologische Herkunft des Wortes Sucht, die sich von "Siechtum" herleitet. Suchterkrankungen drücken sich in einem leidvollen Verlangen nach einem Suchtmittel aus. Kontrollverlust, zwanghafte körperliche und psychische Abhängigkeit, Beeinträchtigung des Realitätssinnes, Hemmungen, Fremdschädigung bis hin zur Zerstörung des eigenen Lebens sind die Folge.

Über Abhängigkeit - ob erkannt oder unerkannt - sprechen die meisten nicht, weil sie mit Scham und Angst besetzt ist. Zudem leben wir in einer Suchtgesellschaft, in der es gesellschaftlich geächtete Süchte ebenso gibt, wie "worcoholism", der unter dem Deckmantel der Tugenden Fleiß und Ehrgeiz sogar belohnt wird.

Sehnsucht lässt sich auch als ein Leiden am Sehnen, Wünschen und Erwarten übersetzen, wobei nicht jede Sehnsucht unmittelbares Leiden bedeutet. Sehnsucht ist vielmehr ein Urphänomen des Menschen, seine wesentliche Triebfeder und Motor seines Daseins. Ohne Sehnen, ohne Wünsche und Erwartungen wird Wunscherfüllung als Voraussetzung eines freudvollen Lebens unmöglich.

Deshalb muss eine verstehende Diagnostik und Behandlung der Sucht immer den ganzen, an seiner Sucht leidenden Menschen im Auge haben. In seinen Wünschen, Hoffnungen, Erwartungen, Phantasien und vor allem seiner Sehnsucht zeigt sich ein positives Heilungspotential, das für eine zielführende Behandlung zentral ist.

Der Psychiater Michael Musalek leitet die größte Suchtklinik Europas. Das Anton Proksch Institut in Wien-Kalksburg hat es sich zur Aufgabe gemacht, alle Formen der Sucht, von Alkohol-, Medikamenten-, Nikotin- und Drogenabhängigkeit bis hin zu so genannten nicht stoffgebundenen Suchtformen, wie Spielsucht, Internetsucht, Kaufsucht etc. zu erforschen und zu behandeln.

Eine Veranstaltung in Kooperation mit der Wiener Zeitung.

Service

Im Zeit-Raum: Sucht und Sehnsucht
Montag, 7. Juni 2010
18:30 Uhr
Großer Sendesaal
Eintritt: EUR 12,-/14,-
Mit RadioKulturhaus-Vorteilskarte 10% bzw. 30% Ermäßigung
Mit Ö1 Clubkarte 10% Ermäßigung

Kartenanfragen unter der Telefonnummer (01) 501 70 377 oder per Email

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