ORF weltweit
15 Büros mit 25 Korrespondenten und Korrespondentinnen unterhält der ORF in aller Welt, von Brüssel bis Moskau, von Rom bis Washington. Das ist eine beachtliche Anzahl für einen verhältnismäßig kleinen öffentlich-rechtlichen Fernsehsender eines kleinen Landes. Auch wenn es schmeichelhaft wäre - man darf den ORF nicht mit ARD oder ZDF, BBC oder CNN vergleichen. Diese Giganten verfügen über ein Vielfaches an Personal und Finanzen wie der ORF, ihre Präsenz im Ausland ist dementsprechend.
Man muss den ORF vielmehr mit dem belgischen oder dem niederländischen Rundfunk oder der Schweizer SRG vergleichen - Sender aus annähernd gleich großen Staaten. Diesen Vergleich gewinnt der ORF um Längen - sein Korrespondentennetz ist Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags in Reinkultur.
Unsere Frauen und -Männer im Ausland, von Cornelia Vospernik über Hanno Settele, Peter Fritz und Raimund Löw bis Eva Twaroch und alle anderen sind Botschafter Österreichs nach außen und gleichzeitig Übersetzer einer immer komplizierter werdenden Welt nach innen.
Das Bild von Präsident Obama bei der Angelobung? Ja, das bekommt man auch über die Agenturen. Das Interview für die samstägliche Ö1 Serie "Im Journal zu Gast" mit der österreichischen Spitzenbiologin am Massachusetts Institute of Technology in Boston? Das gibt´s nur beim österreichischen Medium. Die Bilder vom versinkenden New Orleans? Bekommt man über die Agenturen. Die Interviews mit der österreichischen Betreiberin eines Altersheims, die erzählt, wie sie die Bewohner in Sicherheit gebracht hat und nun im leeren Heim die Stellung hält? Nur beim österreichischen Medium.
Wir sind dort, um die österreichische Perspektive einzuholen. Die ist oft genug hochinteressant, bleibt den großen Agenturen - Bild und Wort - aber in der Regel verborgen. Die haben 193 Länder zu bedienen - da ist für Austriazismen einfach kein Platz.
Zigtausend Meldungen jagen Presseagenturen, Institutionen, Parteien und Unternehmen jeden Tag in den elektronischen Äther. Jeder Mensch mit einem Computer hat heute Zugang dazu, jeder kann sich - wenn er die Zeit dazu hat - einen eigenen Reim darauf machen. Es liegt an den Journalistinnen und Journalisten, jenen ein Angebot zu machen, die das nicht können oder wollen. Es liegt an den Journalist/innen, in diesen Dschungel an Informationen - und Desinformationen - einen Orientierungspfad zu schlagen.
Dem Kunden eine Perspektive zu bieten, die über die tagesaktuelle Sensation hinausgeht. Einen Mehrwert zu erzeugen, der nur durch Präsenz am Ort, journalistische Redlichkeit und - ja auch - auch Erfahrung zu generieren ist. Die Einordnung dessen, was passiert, ohne belehrend oder gar voreingenommen zu sein. Das Angebot eines ausgewogenen Blickes, der alle relevanten Beteiligten zu Wort und Bild kommen lässt. Die Fähigkeit, die Seher/innen und Hörer/innen hinter die nackte Meldung blicken zu lassen.
Könnte man diesem Anspruch in der Berichterstattung etwa über Österreich gerecht werden, ohne in Österreich zu sein, zu leben, zu atmen? Ich denke nein. Deshalb betreibt der ORF Büros in vielen Teilen dieser zusammenwachsenden Welt. Was heute in China, in den USA oder in Brüssel passiert, kann morgen wichtig sein für Wien, Dornbirn und Eferding. Das ist öffentlich-rechtlicher Mehrwert, wie ich ihn verstehe.
Einmal pro Jahr treffen die Korrespondentinnen und Korrespondenten des ORF zum Informationsaustausch in Wien zusammen. Zum dritten Mal wird es eine öffentliche Publikumsdiskussion der 15 Studioleiter im RadioKulturhaus geben. Unter meiner Leitung berichten die ORF Auslandskorrespondenten/innen aus ihrem Berufs- und Lebensalltag. Nützen Sie die Chance, mit Cornelia Vospernik über die schwierigen Arbeitsbedingungen in China zu diskutieren, von Hanno Settele seine Erlebnisse am ölverseuchten Golf von Mexiko zu hören, von Mathilde Schwabeneder die geheimnisvolle Welt des Vatikans erklärt zu bekommen.
Text: Roland Adrowitzer (Chefreporter und Korrespondentenkoordinator)
Service
ORF weltweit
Donnerstag, 7. Oktober 2010
19:00 Uhr
Großer Sendesaal