Im Klartext: "Zug um Zug - Das Ende des Bahnmonopols"

Die ÖBB bekommen Konkurrenz vom privaten Bahnbetreiber Westbahn. Ist der kommende Wettbewerb der Todesstoß oder doch eine Chance für die angeschlagenen Staatsbahnen? Darüber diskutierte Klaus Webhofer mit Christian Kern, ÖBB-Chef, und Hans-Peter Haselsteiner, Miteigentümer Westbahn.

Die ÖBB bekommen auf der einzigen gewinnbringenden Bahnstrecke in Österreich Konkurrenz: Der private Bahnbetreiber Westbahn wird dem Monopolisten ab 11. Dezember zeigen, was freie Marktwirtschaft bedeutet. Eine Fahrt von Wien nach Salzburg wird mit der Westbahn 23,80 Euro kosten, inklusive W-LAN und Raucherabteil. Wer mit den ÖBB fährt, zahlt ohne Vorteilscard doppelt so viel. Günstigere Tickets und besserer Service - ist der kommende Wettbewerb der Todesstoß oder doch eine Chance für die angeschlagenen Staatsbahnen?

Von den 41.000 ÖBB-Bediensteten sind zwei Drittel unkündbare Beamte. Die Schulden der ÖBB betragen mittlerweile rund 20 Milliarden Euro, 90 Prozent davon sind ausgelagerte Staatsschulden, die die ÖBB für Infrastrukturmaßnahmen, wie etwa den Koralmtunnel aufnehmen mussten. Die Politik schafft an, die ÖBB setzen um. Und die Eisenbahner-Pensionen kosten den Staat jährlich 1,7 Milliarden Euro. Da hat es die private Westbahn mit nur 170 Mitarbeitern leichter, nach marktwirtschaftlichen Kriterien zu agieren.

Kann man eine flächendeckende Bahnversorgung überhaupt nach marktwirtschaftlichen Kriterien beurteilen, oder muss sich ein Staat diesen Dienst eben etwas kosten lassen? Die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) gelten als eine der bestgeführten Staatsbahnen in Europa. Unkündbare Beamte gibt es schon seit Jahren nicht mehr, jährlich unterstützt die Schweiz allein die Instandhaltung und den Betrieb ihrer Bundesbahnen mit mehr als einer Milliarde Euro. Könnte die Schweiz als Vorbild dienen?

Damit die ÖBB auch unrentable Strecken betreiben, zahlt die Republik Österreich allein im Jahr 2011 insgesamt 578 Millionen Euro an "gemeinwirtschaftlichen Leistungen" (GWL) an die Bundesbahnen. Die Subventionen für die Westbahnstrecke wurden just vor dem Start des privaten Konkurrenten eingestellt, beklagt sich die Westbahn, die dadurch keine Chance auf staatliche Zuschüsse hat. Vor kurzem wurden auch die Gebühren für die Benutzung des Schienennetzes erhöht, vor allem entlang der Westbahnstrecke.

Die Liberalisierung des europäischen Bahnmarktes ist nicht mehr aufzuhalten. Die ÖBB müssen sich von ihrem Monopol verabschieden und auf die Konkurrenz reagieren. Zum ersten Mal müssen sie um ihre Kunden kämpfen und neue Angebote schaffen, um sie nicht an die private Konkurrenz zu verlieren. Belebt am Ende tatsächlich Konkurrenz das Geschäft und profitieren davon die Bahnfahrer? Und wie schaut Bahnfahren in 10 Jahren aus?

Darüber diskutierten ÖBB-Chef Christian Kern und Hans-Peter Haselsteiner, Miteigentümer Westbahn.

Text: Anselm Peer

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Im Klartext
Mittwoch, 21. September 2011
18:15 Uhr
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Die Aufzeichnung der Diskussion ist heute auf TW1 zu sehen (12:05 Uhr und 22:45 Uhr).