Aus dem Archiv: Helmut Qualtinger

Start einer neuen Reihe. Schätze aus dem ORF TV-Archiv, eingebettet in einen Abend mit Gesprächen mit Zeitzeugen und kleinen künstlerischen Live-Acts. Moderation: Gerhard Tötschinger. Als erstes stand Helmut Qualtinger im Mittelpunkt. Zu Gast waren u.a. die Schauspielerin Hilde Sochor und der Verleger Ulrich Schulenburg.

Vor 50 Jahren, am 15. November 1961, wurde das Opus magnum Helmut Qualtingers "Der Herr Karl" zum ersten Mal im Fernsehen ausgestrahlt. Damals löste die Darstellung des typischen Wiener Opportunisten in der Bevölkerung heftige Proteste aus. Heute zählt das Stück zu den Klassikern der Nachkriegsliteratur. "Helmut Qualtinger hat österreichischen Figuren seinen Körper, seine Stimme, sein Gesicht geliehen, aber sein Geist war von ganz und gar unösterreichischer Art. Er war unfähig zu vergessen, unfähig zu verdrängen", hielt Peter Turrini 1986 in seiner Trauerrede fest.

Die langjährige Freundschaft zwischen Turrini und Qualtinger ging auf deren Verleger Ulrich Schulenburg zurück, der die beiden auf einer Deutschlandreise miteinander bekannt machte. Ihm ist auch zu verdanken, dass Helmut Qualtinger überhaupt zu den ihm zustehenden Tantiemen für den "Herrn Karl" kam. Bis zur Aufnahme des Stücks in den Katalog des Thomas Sessler-Verlags wurde er dafür "mit einem Mittagessen oder ein paar Glaserln Wein" abgegolten.

Carl Merz, der den "Herrn Karl" gemeinsam mit Qualtinger erschaffen hatte, bestand übrigens zur Verblüffung Schulenburgs bei den Verhandlungen auf eine 60:40-Teilung zugunsten Qualtingers, anstatt der sonst üblichen 50:50-Lösung. Er war der Ansicht Qualtinger hätte durch seine geniale Darbietung "mehr für das Stück getan", berichtet Schulenburg in seinem Buch "Sie werden lachen, alles ist wahr". Über 20 Jahre hat er Qualtinger nicht nur als Verlagsleiter, sondern auch als Freund begleitet. Dabei verlief die erste Begegnung im Szenelokal Gutruf noch wenig vielversprechend. "Sie san von diesem Fauteuil-Verlag?", fragte ihn Qualtinger gelangweilt.

Heute weiß Schulenburg zahlreiche skurrile Anekdoten zu berichten: Er erlebte ihn als begeisterten "Mitfahrer" auf seinen Terminen, wurde Zeuge seiner berüchtigten Telefon-Scherze und holte ihn nach Wirtshausraufereien ab. Er kannte ihn aber auch als großzügigen, selbstlosen und sensiblen Menschen, der von seinen Freunden und Kollegen bedingungslose Solidarität forderte. Das Phänomen Qualtinger in seiner Gesamtheit zu erfassen ist freilich ein Ding der Unmöglichkeit. Der Abend soll bisher weniger bekannte Facetten des "Menschenimitators", wie er sich selbst nannte, zeigen: von Tagebucheinträgen des jungen Helmut Qualtinger über seine Versuche als Maler bis hin zu raren TV-Ausschnitten. Zu Gast waren Hilde Sochor und Ulrich Schulenburg. Am Klavier: Roberto Pisati.

Text: Claudia Gschweitl

Eine Veranstaltung in Kooperation mit dem ORF Fernseharchiv und ORF III Kultur und Information.

Service

Aus dem Archiv: Helmut Qualtinger
Montag, 3. Oktober 2011
19:30 Uhr
Großer Sendesaal