Aus dem Archiv: Peter Lodynski

Die zweite Ausgabe der neuen Reihe war Peter Lodynski gewidmet. Gerhard Tötschinger führte ein Gespräch mit dem markanten Schauspieler, Kabarettisten, Regisseur, Schriftsteller und Zauberkünstler. Mit dabei: zwei seiner Wegbegleiter/innen, Elfriede Ott und Günter Tolar.

Die zweite Ausgabe der neuen Reihe war Peter Lodynski gewidmet. Gerhard Tötschinger führte ein Gespräch mit dem markanten Schauspieler, Kabarettisten, Regisseur, Schriftsteller und Zauberkünstler. Mit dabei: zwei seiner Wegbegleiter/innen, Elfriede Ott und Günter Tolar.

Zuspielungen aus dem ORF TV-Archiv porträtierten den eigenwilligen Perfektionisten und legendären Unterhaltungskünstler.

Günter Tolar, Schauspieler, Moderator und Autor, über Peter Lodynski:

1961 lernte ich ihn kennen, 7 Jahre lang stand ich mit Peter Lodynski auf der Bühne des Kabaretts "Der Würfel". Dann teilten sich unsere Wege, erst 2006 trafen wir einander wieder – auf der Bühne. Lodynski war im "Würfel" für die literarische Seite zuständig, Dieter Gogg lieferte wahre Meisterwerke an gefälligen Nummern, während Kuno Knöbl sich um politische Brisanz bemühte. Lodynski hatte also eindeutig den schwierigsten Teil. Und den undankbarsten. Denn literarisches Kabarett plaudert sich nicht so einfach daher, sondern muss Wort für Wort und Ton für Ton erarbeitet und gestaltet werden.

Dazu kam noch als Erschwernisfaktor Lodynski selbst, der auf fast leidvolle Art und Weise penibel war und an einer Nummer oft mehrere Wochen lang arbeitete, feilte, verwarf, ausbesserte, bis sie dann fertig war - auf dem Papier. Denn in die optische Darstellung und akustische Präsentation investierte er ebenfalls unfassbar viel Zeit und Mühe.

Sehr früh schon hat Lodynski große Erfolge und Auszeichnungen eingefahren. Als ich ihn kennen lernte, war der damals 25-Jährige schon "Weltmeister im Komisch Zaubern". Und 1971 bekam er für die TV-Produktion "Lodynskis Flohmarkt Company" sämtliche Goldenen Rosen von Montreux, was vor ihm und nach ihm niemand geschafft hat. Das ist so wie sämtliche Oscars für eine Produktion.

Für eine Nummer, sie hieß "Idolgebirge", schaffte er eine Bassgeige an, auf der nur eine Saite aufgezogen war. Die von ihm im Text vorgesehenen Pointierungen setzte er immer mit einem martialisch gezupften Ton. Aber es musste immer ein anderer Ton sein. Auf der Rückseite des Griffstegs markierte er sich mit verschiedenfarbigen Reißnägeln die Töne, wie sie der Reihe nach drankamen. Und Wochen lang geisterte er durch alle möglichen Restaurants, um die Speisekarten zu studieren und nach historischen Speisen-Namen zu suchen. Heraus kam ein Lied für Miriam Dreifuss mit dem Titel "Historisch essen" ( - geh' ich so gerne).

Es gäbe viele Beispiele, aber ich meine, schon diese zwei zeigen, dass Lodynski es sich nie leicht gemacht hat, weil das bei seiner Arbeitsweise gar nicht ging. Lodynski hat als Ausgangspunkt eine Grundidee, die nun so lang in alle Richtungen gedreht, gewendet, gewrungen, abgeklopft und gebeutelt wird, bis alles heraußen ist, was drinnen war. Er gibt erst auf und frei, wenn er hundertprozentig sicher ist, dass er seinen Grundgedanken komplett und hieb- und stichfest am Papier und in seiner Bühnenpräsentation fertig hat. Seine unglaubliche Genauigkeit und die kompromisslose, unbarmherzige Suche nach dem richtigen Wort und dem einzig adäquaten Ausdruck bewunderte ich sehr. Und ich fürchtete sie auch ein wenig, weil Lodynski in den Wehen des Schaffensprozesses nicht immer ein angenehmer Mensch war.

Noch mehr bewunderte und bewundere ich aber seine Treue zu sich selbst. Lodynski hat sich mit seinen Programmen keinem Zeitgeist gebeugt. Er hat den Zeitgeist so behandelt, als gäbe es ihn nicht. Gerd Bacher hat uns einmal gesagt: "Was Zeitgeist ist, bestimmen WIR!" Heute kann niemand so recht den Zeitgeist definieren, aber alle rennen ihm nach. Wer ihn bestimmt, weiß keiner. Lodynski hat sich mit dieser voll absichtlichen Zeitgeist-Ignoranz aber den Ruf des Elitären eingehandelt. Seine Programme sind nicht großhallenfähig und massentauglich. Sie sind denen vorbehalten, die Sprache verstehen, die Worte lieben, die geschliffene Formulierungen bevorzugen und persönliche Ausformung zu ästimieren imstande sind.

Peter Lodynski hat es nie leicht gehabt, aber hauptsächlich deshalb, weil das, was er machte und macht, einfach schwer ist. Irgendwo habe ich eine sehr treffende Beschreibung gelesen: Lodynski brachte "innovativ konzipierte, satirische Programme mit Einstreuungen magischer Komponenten und anspruchsvoll für das Auge des Betrachters aufbereitet". Was kann einem kreativen Künstler Schöneres passieren, als wenn er unvergleichbar ist? Peter Lodynski hat nur einen einzigen Konkurrenten: Peter Lodynski.

Text: Günter Tolar

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Eine Veranstaltung in Kooperation mit dem ORF Fernseharchiv, ORF III Kultur und Information und "Die Presse".

Service

Aus dem Archiv: Peter Lodynski
Freitag, 3. Februar 2012
19:30 Uhr
Großer Sendesaal