Wolfgang Böck und Harri Stojka: "Satire & Jazz" - Gipsy Swing & Texte von Joe Berger

Wolfgang Böck, einer der bekanntesten und beliebtesten Fernseh- und Theaterschauspieler in Österreich, Harri Stojka, weltweit zu den besten Jazzgitarristen zählend, in einem einzigartigen Programm.

"Die Blätter treiben es bunt: Sie lassen sich fallen und lachen mit raschelnden Lauten die Bäume aus, weil sie nackt in der Landschaft stehen." So illustriert Joe Berger in einer seiner Kurzgeschichten das Dilemma der menschlichen Existenz. Die Satire ist das Werkzeug der Rebellen: Fallend, doch lachend wissen sie darum, dass die Welt ohne sie um vieles ärmer wäre. Wie gut "Satire & Jazz" zusammenpassen, zeigen Wolfgang Böck und Harri Stojka in ihrem Programm - die Idee zu dieser Zusammenarbeit kommt übrigens von Marianne Mendt (MM Jazzfestival St. Pölten) - das sie nun im RadioKulturhaus als Ö1 CD präsentierten: Skurrile, ironische, zeitkritische Texte des verstorbenen Wiener Szene-Literaten Joe Berger trafen auf meisterhaft gespielten Gipsy Swing. Frei von Illusionen, dafür lebensfroh und höchst unterhaltsam.

Wolfgang Böck Harri Stojka

Harri Stojka, Wolfgang Böck

(c) Bettina Neubauer

Joe Berger, geboren 1939, war als Chemiker tätig, bevor er sich Anfang der 1960er Jahre in die Wiener Künstlerszene mischte. Er war in aktionistischen Gruppen wie der "ARGE Bauernschnapsen" oder der "First Vienna Working Group: Motion" aktiv. Als Schauspieler agierte Berger mit diversen Theatergruppen und in kleineren Rollen in Fernsehspielen und Filmen. Mitte der 1970er Jahre trat er verstärkt als Autor hervor, zu seinen bekanntesten Publikationen zählen "Märchen für Konsumkinder", "Plädoyer für den Alkohol" und "Märchen für die Satten und Irren".

So weit, so gut. Was veranlasste nun Wolfgang Böck und Harri Stojka, ein Programm zu ersinnen, das Texte von Joe Berger mit Gipsy Swing verbindet? Stojka über Joe Berger: "In den 70er Jahren habe ich ihn öfters in diversen Szene Lokalen gesehen und habe ihn auch bei meinen Konzerten spontan Lesungen machen lassen. Darum war es mir ein Anliegen, die Texte von Joe Berger nicht in Vergessenheit geraten zu lassen! Wolfgang war von meiner Idee sofort begeistert. Und machte sich gleich an die Arbeit, Texte von Joe 'auszugraben'", so der Gitarrenvirtuose.

Wolfgang Böck hob Schätze des Szene-Literaten, die humorvoll-bissigen Kurzformen Bergers gibt er mit metallischem Timbre, donnernd, bedrohlich und immer ein wenig hinterfotzig. Da erfährt man etwa in "Rotkäppchen", wie der Präsident der Wölfe das Problem mit Pensionen und Jugendarbeitslosigkeit gierig und oberflächlich löst, bevor er als korrupt entlarvt wird und von seinem Amt zurücktritt. Ein Märchen. Für Berger war das Märchen wiederkehrendes Mittel gegen eine Zeit, in der die Ratio die Fantasie zu verdrängen droht. Seine Märchen-Bearbeitungen waren ihm Antwort auf die vierte industrielle Revolution, jenseits klarer Ja/Nein-Entscheidungen wollte er einen Raum der Fantasie mit ihnen schaffen – und zugleich die realen Missstände aufzeigen.

Seine Lyrik vertonte Berger teilweise selbst, Irene Suchy sieht den Literaten als avantgardistischen Vertreter des "Anti-Wiener-Lieds": Einer Gattung, die fern aller Nostalgie die Schlechtigkeit der Welt aufzeigt, in deren Mitte der Tod immer schon da ist. Doch in Opposition zu den oft düsteren Inhalten zeigte die Art, wie Berger seine widerständigen Positionen postulierte, darstellte, schrieb und sang, einen unbändigen Drang, gesellschaftlich Einfluss zu nehmen, präsent zu sein.

Eben dieses rebellische Element ist es auch, das Stojka betont: "Joe Berger war immer ein Rebell – das war es, was mich an ihm so faszinierte. Sich Dinge sagen zu trauen, die schockieren, aber einen unfehlbaren Wahrheitsgehalt haben."

Harri Stojka gestaltet den musikalischen Teil des Programms mit virtuos gespieltem Gipsy Swing der 1930er Jahre, im Zentrum steht das Repertoire von Django Reinhardt. Reinhardt machte die Mischung aus US-amerikanischem Swing und Sinti-Musik in den 1930er Jahren populär und prägte wie kein anderer diesen ersten in Europa entstandenen Jazzstil.

Im Großen Sendesaal spielt Stojka Klassiker wie "Minor Swing" und "It Don't Mean A Thing" sowie Eigenkompositionen. Mit auf der Bühne sind Claudius Jelinek (Rhythmus-Gitarre), Michi Weber (Rhythmus-Gitarre), Peter Strutzenberger (Kontrabass) und Gerald Preinfalk (Klarinette).

Ein rebellisches, freiheitsstrebendes Element ist es, das Wort und Klang in diesem Programm eint: Gipsy Swing und Jazz an sich haben ihren historischen Ursprung im Freiheitsstreben von Minderheiten, die Unterdrückung erfahren haben und erfahren. Dies führt geradewegs zu dem Punkt, an dem sich für Harri Stojka Satire und Jazz treffen: "Ich finde Underground-Lyrik und Jazz, der in gewisser Weise Underground-Musik ist, passen exzellent zusammen. Beides entspringt dem Outsidertum einer desillusionierten, aber nichts desto weniger sehr lebensfrohen Minderheit!"

Text: Susanne Berndl

Service

Wolfgang Böck und Harri Stojka: "Satire & Jazz" - Gipsy Swing & Texte von Joe Berger
Mittwoch, 27. November 2013
19:30 Uhr
Großer Sendesaal

Harri Stojka