Wiener Vorlesungen

"Wer ein Leben rettet, rettet die ganze Welt." (aus dem Talmud). Über Hilfe und Helfen: Überreichung des Viktor-Frankl-Ehrenpreises an Pater Georg Sporschill SJ, Diskussion mit Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg und Konzert des Roma-Ensembles Satra Elijah.

Satra Elijah

Satra Elijah und Pater Georg Sporschill

(c) Elijah

Der Jesuitenpater Georg Sporschill erhielt den Ehrenpreis des Viktor-Frankl-Fonds für sinnorientierte humanistische Psychotherapie. Der Preis hat seine Definition und Zielsetzung durch die Persönlichkeit und die Arbeit von Viktor E. Frankl. Dieser hat im Konzentrationslager der Nationalsozialisten die Ideen seines späteren Buches "Trotzdem Ja zum Leben sagen" durchgedacht und seine Argumente geprüft. Die These Frankls war fundiert in der Erfahrung, dass es Menschen möglich ist, auch in den schlimmsten und unmenschlichsten Existenzbedingungen einen Sinn im Leben zu sehen.

Georg Sporschill, der im Alter von 30 Jahren Jesuit wurde, hat in Wien verschiedene Sozialeinrichtungen gegründet, unter anderem das Jugendhaus der Caritas in der Blindengasse, Obdachlosenhäuser, den Canisibus, der seit 25 Jahren Nacht für Nacht an den Bahnhöfen den Obdachlosen Essen und Wärme bringt, und das Inigo, ein Lokal, in dem Langzeitarbeitslose in die Gesellschaft zurückfinden. Seit 1991 baute er in Rumänien ein Werk für und mit Straßenkindern auf – mit Streetwork, betreuten Wohngemeinschaften und Berufsausbildung für Jugendliche. 2012 gründete Sporschill mit Ruth Zenkert ein neues Werk mit dem Namen ELIJAH. Vor allem Kinder und Jugendliche aus Roma-Familien werden betreut und arbeiten mit. Ehemalige Straßenkinder wurden zu Lehrerinnen und Lehrern.

Georg Sporschill hat die Menschen, mit denen er arbeitet, eindrucksvoll beschrieben: "Ihre Freunde, ihre Feinde – alle beklagen die Lage der Roma in Europa. Zu viele wissen zu genau, was zu tun sei. Wie aber werden aus solchen Gewissheiten Lebensorte mit Zukunft? Wollen Roma mit uns leben? Können sie mit uns leben? Können wir mit ihnen leben? Wollen wir mit ihnen leben? Kennen all die Wissenden Roma? Ihre Fertigkeiten aus der alten vergangenen Welt, in der sie ihre Rolle hatten? Sogar ihre Sprache droht sich zu verlieren. Wir meinen sie zu kennen: Bettler, Diebe. Und die tiefe Würde, die sie, oft auch die Jungen, ausstrahlen? Ich lebe in einem rumänischen Dorf. Armselige Behausungen – und Freundlichkeit, Tanz, Musik. Zu frühe Ehen für Mädchen, Hecheln ihrer Brüder um dürren Tagelohn. Woher dann so viel Glück und Gastfreiheit? Seit 25 Jahren baue ich an meiner Familie, in der niemand fragt, wer Roma ist oder Zigeuner. Zur Situation der Roma habe ich nur Fragen – und das Glück, mit ihnen ein spannendes, lebhaftes Leben zu teilen." Bei der Veranstaltung wurde die Arbeit von Georg Sporschill vorgestellt und darüber diskutiert, wie individuelle Hilfe und die Gestaltung einer gerechteren und besseren Gesellschaft zusammenhängen, einander brauchen.
Text: Hubert Christian Ehalt.

Moderation: Hubert Christian Ehalt
Gäste: Oberrabbiner Paul Chaim und Pater Georg Sporschill SJ,
Live-Musik: Roma-Ensemble Satra Elijah

Service

Wiener Vorlesungen
Montag, 28. November 2016
19:00 Uhr
Großer Sendesaal