Portrait von Gerald Knaus

FRANCESCO SCARPA

Im Zeit-Raum: Refugees welcome?

Flucht, Migration und die Zukunft von Asyl – zwischen Empathie, Solidarität und Angst vor Kontrollverlust: Johannes Kaup im Gespräch mit dem Migrationsexperten Gerald Knaus.

Kaum ein Thema hat die europäische Politik in den letzten Jahren so bestimmt wie die Debatte um Geflüchtete, Asyl und Migration. Die Diskussionen darüber wurden allerdings vor allem von Schlagworten, falschen Tatsachenbehauptungen und Scheinlösungen dominiert.

Dabei sind die meisten Menschen in Österreich weder "Ausländerfeinde" noch blauäugige Vertreter einer grenzenlosen Zuwanderung. Sie sind empathisch: Doch ihre Empathie ist nicht grenzenlos. Sie bevorzugen durchlässige Grenzen, solange sie sich sicher fühlen, und geschlossene Grenzen, sobald sie um sich oder ihre Lieben Angst haben. Sie sind durchaus bereit, Menschen in Not zu helfen, wollen dabei aber nicht die Kontrolle verlieren.

Bei den in den letzten Jahren heftig debattierten Themen Flucht und Migration wäre mehr Sachlichkeit und Gelassenheit nötig. Der international gefragte Migrationsexperte Gerald Knaus widerlegt sowohl linke als auch rechte Klischees in der Migrationsdebatte. Flüchtlingswelle, -schwemme und -druck – das sind völlig falsch Bilder. Das gibt es faktisch nicht, weil die europäischen Staaten die Grenzen zugemacht haben. Und: Wir brauchen heute ein neues Verständnis darüber, dass die meisten Flüchtenden innerhalb des eigenen Landes oder Kontinents Schutz suchen. Das bedeutet: Nur die wenigsten kommen nach Europa, was auch die insgesamt nur geringfügig ansteigenden Zahlen belegen. Aber gerade deshalb muss auch eine neue Asyl- und Migrationspolitik diskutiert werden, anstatt einfach nur Europas Grenzen militärisch abzusichern. Das Wichtigste beim Thema ist, dass man durch Wissen vor allem die Angst überwinden muss. Denn Angst tötet.

Gerald Knaus zeigt, dass humane Grenzen möglich sind und erläutert, welche Grundsatzprobleme wir dafür lösen müssen. Er erklärt außerdem, warum das vielen Gesellschaften schwerfällt und viele Bürger:innen mit widersprüchlichen Emotionen ringen – hier Empathie, da Angst vor Kontrollverlust – und wie eine Politik, die Fakten und Emotionen ernst nimmt, möglich wird.