Anton Zeilinger

(c) Jacqueline Godany

AUSVERKAUFT - Im Zeit-Raum: Anton Zeilinger

Johannes Kaup spricht mit dem Physik-Nobelpreisträger über Quantenphysik und Naturphilosophie – eine Spurensuche zwischen Wissen und Glauben.

"Man muss seiner Intuition und seinen Spinnereien ein bisschen vertrauen", sagt der Nobelpreisträger für Physik. Dass seine angebliche "Spinnerei" nun mit diesem renommierten Preis ausgezeichnet wurde, spricht für das unbeirrbare Suchen und Fragen und den Möglichkeitssinn, den Anton Zeilinger als Forscher stets wachgehalten hat. Zeilinger gilt als Pionier der Quanteninformationswissenschaft. Dabei geht es um die Übertragung von Quanteninformation zwischen Lichtteilchen, sogenannten Photonen. Über die Jahre hinweg hat Zeilinger die Geschichte der Quantenmechanischen Verschränkung neu geschrieben. Für Experimente mit verschränkten Photonen und allgemein verschränkten Quantenzuständen – wobei er unter anderem die Quantenteleportation nachwies – erhielt Anton Zeilinger im Dezember 2022 den Physik-Nobelpreis.

Seine universitäre Laufbahn führte ihn von der Universität Wien und TU Wien ans MIT in Cambridge (Massachusetts), ans College de France in Paris, an die TU München, die Uni Oxford die Uni Innsbruck. Die 1990er Jahre werden zu den bahnbrechenden Jahren der sogenannten Teleportation, zunächst für ein Teilchen, dann mehrere verschränkte Teilchen, bis hin zum "Beamen" über längere Distanzen, zur Quantenkryptographie und zum optischen Quanten-Computing. In den 2000er Jahren wandte sich Zeilinger verstärkt der Quanteninformationstheorie zu. So macht er mit Lichtteilchen-Verschränkungsexperimenten vom Prater zur Donauinsel über die Kanarischen Inseln in den Weltraum von sich reden. 2017 findet das erste quantenverschlüsselte Videotelefonat zwischen Wien und Peking statt.

Für Anton Zeilinger ist der quantenmechanische Zustand die Information, die wir über die Welt haben: "Es stellt sich letztlich heraus, dass Information ein wesentlicher Grundbaustein der Welt ist. Wir müssen uns wohl von dem naiven Realismus, nach dem die Welt an sich existiert, ohne unser Zutun und unabhängig von unserer Beobachtung, irgendwann verabschieden." - Ist Information also möglicherweise wichtiger als die Wirklichkeit?

Meist werden mit dem Nobelpreis WissenschaftlerInnen ausgezeichnet, die ein – für das allgemeine Publikum – kaum verständliches Spezialgebiet zur Perfektion getrieben haben, dies aber außerhalb von Fachkreisen nicht verständlich kommunizieren können. Ganz anders Anton Zeilinger. Er ist nicht nur eine Koryphäe auf seinem Fachgebiet der Quantenphysik, sondern macht sich auch Gedanken, welche philosophischen und religiösen Fragen seine Forschungsergebnisse aufwerfen. "An Gott zu glauben oder nicht ist für einen Naturwissenschafter genauso eine persönliche Frage wie für einen Laien. Gott kann nicht nachweisbar sein, aber er kann auch nicht nicht nachweisbar sein…. Als Wissenschaftler bin ich Atheist, nicht aber als Mensch, der über das, was er erforscht, nachdenkt".

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In Kooperation mit der Tagenzeitung "Die Presse"