Christopher Frauenberger

TECHNO Z/KONRAD FERSTERER

Im Zeit-Raum: Christopher Frauenberger

Johannes Kaup im Gespräch mit dem Digitaltechnologie-Experten Christopher Frauenberger

Künstliche Intelligenz ist schon seit vielen Jahren Bestandteil digitaler Anwendungen, die uns im Alltag begleitet. Sie erleichtert einerseits vieles in Arbeitsprozessen, beeinflusst aber mittels Data-Mining und Überwachung auch unsere Präferenzen und Entscheidungen. Zudem stellt sie für wenig technikaffine Bevölkerungsteile mittlerweile auch eine Barriere beim Zugang zu Dienstleistungen dar, was in Extremfällen bis zum Ausschluss von der sozialen Teilhabe führen kann.

Aktuell ist eine gesellschaftliche Debatte über KI-Anwendungen wie beispielsweise ChatGPT im Gange. Es ist eines dieser mächtigen digitalen Werkzeuge, das enorme neue Möglichkeiten mit sich bringt, aber dementsprechend auch ein großes Manipulationspotenzial bis hin zur Aushöhlung demokratischer Prozesse. Wie groß diese Gefahren sind, haben mittlerweile sogar viele KI-Entwickler selbst erkannt. Sie rufen daher dringend zu einem gesellschaftlichen Diskurs auf und raten zu einer raschen vernünftigen Regulierung durch die Politik. Derzeit ist auf EU-Ebene eine Diskussion über den KI-Act im Gang. Sie macht aber auch deutlich, dass eine künftige Regulierung nach ethischen Maßstäben vorgehen muss.

Christopher Frauenberger hat an der Technischen Universität Graz Informatik studiert, wechselte dann für sein Doktorat an die Queen Mary Universität nach London und verbrachte drei Jahre als Postdoc an der Universität Sussex. Im Jahr 2014 kehrte er nach Österreich zurück, und forschte sechs Jahre an der TU Wien und der Universität Wien. Heute lehrt er als Universitätsprofessor für Human-Computer Interaction an der Universität Salzburg. Seit vielen Jahren beschäftigt er sich mit der Frage, welche Bedeutung digitale Technologien im privaten Umfeld, in der Arbeit und im öffentlichen Leben haben und wie sie gestaltet werden sollen.

Er forschte bislang in verschiedenen Kontexten. Dabei ging es um die Gestaltung von smarten Dingen für autistische Kinder bis zu Studien zur Interaktion älterer Menschen mit AAL (Active Ambient Living) Technologien. Während seine Forschung zentral im Bereich der Mensch-Maschine Interaktion (HCI) verankert ist, arbeitet Frauenberger über disziplinäre Grenzen hinweg. Dabei bedient er sich Theorien, Methoden und Konzepten aus der Philosophie, Soziologie oder aus der Sphäre der Künste. In den letzten Jahren beschäftigten ihn zunehmend die fundamentalen Zusammenhänge zwischen Digitalisierung, Menschen und Gesellschaft aus ethischer und moralischer Sicht. Statt sich vom digitalen Wandel überrollen zu lassen, sollen die Menschen alles daransetzen, über die Digitalisierung der Welt die Gestaltungshoheit wiederzugewinnen. Frauenberger plädiert in diesem Zusammenhang für die (Re-)Politisierung von Innovation und für die demokratische Verhandlung von digitalen Zukünften. Wir müssen bestimmen, welche Zukünfte wir ermöglichen und welche nicht. Und das hängt auf einer tieferen Ebene von der fundamentalen Frage ab: Wer sind wir als Menschen? Und: Wer wollen wir sein? – Darum geht es im Kern der Debatte.

In Kooperation mit der Tageszeitung "Die Presse".