(c) ORF Hans Leitner, Günther Pichlkostner
Im Zeit-Raum: Franz Fischler und Robert Menasse
DI | 05 11 2024 | 18:30 Uhr
Großer Sendesaal
Eintritt: EUR 19,–
Ermäßigungen:
ORF RadioKulturhaus-Karte 50%, Ö1 Club 10%
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Die Europäische Union benötigt tiefgreifende Veränderungen, um zukunftsfit zu werden. In wenigen Jahren sollen mehrere Länder des Westbalkans, Moldawien und die Ukraine der Europäischen Union beitreten, die dann auf 35 Mitglieder angewachsen sein wird. Eine Herkulesaufgabe, die EU-Skeptiker für ein Horrorszenario halten. Vor allem dann, wenn die jetzigen EU-Strukturen bis dahin nicht geändert werden. Man denke nur an das problematische Einstimmigkeitsprinzip, mit dem beispielsweise Ungarn die Mitgliedsländer erpresst, wichtige Entscheidungen blockiert oder auf die lange Bank geschoben hat. Die Migrationsfrage droht Europa seit Jahren zu spalten. Auch in wichtigen außen- und sicherheitspolitischen Fragen gibt es wenig Einigkeit und so spielt die EU auf der politischen Weltbühne keine bedeutende Rolle. Ganz zu schweigen von der Agrarpolitik, die sich – angeheizt vom Druck nationaler Interessensvertretungen – kämpferisch gegen notwendige Reformen stellt. Der Europäische "Green Deal" mit dem Ziel, bis 2050 in der EU die Netto-Emissionen von Treibhausgasen auf null zu reduzieren und somit als erster "Kontinent" klimaneutral zu werden, könnte scheitern. Abgesehen davon führen demokratische Defizite in der Politikgestaltung zu einer gefährlichen Entfremdung gegenüber der EU.
Vordenker und Vordenkerinnen des Europäischen Projekts sind der Ansicht, dass man überlegen muss, wie man den Nationalismus endlich in die Schranken weisen kann und dass es einen EU-Konvent brauche, um die strittigen Grundsatzfragen zu klären und die dafür notwendigen EU-Vertrags-Änderungen auszuarbeiten. Die Baustelle Europa bedarf einer dringlichen Sanierung, sonst könnte das Europäische Projekt scheitern. Was muss sich ändern? Welche Reformen braucht "unser" Europa?
Franz Fischler war von 1995 bis 2004 Agrarkommissar in der Europäischen Kommission in Brüssel. Davor war er Österreichischer Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft und spielte eine wichtige Rolle bei den erfolgreichen Beitrittsverhandlungen Österreichs zur Europäischen Union. Nach seiner Tätigkeit als EU-Kommissar war Fischler u.a. Vorsitzender des Ökosozialen Forums sowie Präsident des Europäischen Forums Alpbach. Er hat mehrere Bücher verfasst, zuletzt "Die Kraft der Mitte" (Ecowin).
Robert Menasse ist einer der bedeutendsten politischen Schriftsteller im deutschen Sprachraum. Der einstige EU-Skeptiker zeigte sich seit seiner 2012 erschienenen antinationalistischen Streitschrift "Der Europäische Landbote" als fakten- und geschichtskundiger Kenner der politischen Inhalte, Abläufe und Ziele in Brüssel. Für die Recherche zu seinem 2017 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichneten Roman "Die Hauptstadt" hat Robert Menasse vier Jahre lang in Brüssel gelebt. Jüngst erschien im Suhrkamp-Verlag "Die Welt von morgen. Ein souveränes demokratisches Europa – und seine Feinde". Darin verteidigt er die europäische Idee, kritisiert aber auch die systemischen Widersprüche der Union und ermuntert dazu, diese zu überwinden.
Text: Johannes Kaup
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In Kooperation mit der Tageszeitung "Die Presse".