Tamara Metelka, Nicholas Ofczarek, Nikolai Tunkowitsch

(c) Nadine Poncioni

Literatur im Dialog: Metelka, Ofczarek, Tunkowitsch

Nicholas Ofczarek und Tamara Metelka gestalten gemeinsam mit dem Violinisten Nikolai Tunkowitsch drei musikalische Lesungen, die sich den großen Literaten Rainer Maria Rilke, Franz Kafka und Thomas Bernhard widmen.

Wenn es im Wiener Burgtheater 2024 und 2025 einen Publikumsrenner gibt, dann wohl die Entdeckung von Thomas Bernhards Roman "Holzfällen" als Bühnenformat, rezitiert von Burgtheater-Star Nicholas Ofczarek und gemeinsam fast schon zur Text-Oper erhoben durch die Musik der Osttiroler Musicbanda Franui. Das ORF RadioKulturhaus führt die intensiven Texterarbeitungen von Ofczarek in diesem Jahr als Trilogie fort und bringt den Burgtheater-Star in die Auseinandersetzung mit großen Klassikern der Literatur und einem weiteren Erregungstext von Thomas Bernhard. Einmal mehr wird Ofczarek den Dialog suchen, einerseits mit der SchauspielerinTamara Metelka, die auch für die dramaturgischen Fassungen verantwortlich zeichnet, und andererseits mit dem Franui-Geiger Nikolai Tunkowitsch, der eigene Kompositionen zu den Werken einbringt.

Rainer-Maria Rilkes "Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke" (3. Juni 2025, zwei Aufführungen), der Kafka-Abend "Milena!" (19. und 20. September 2025) sowie Thomas Bernhards legendärer Text "Der österreichische Staatspreis für Literatur" aus dem Band "Meine Preise" (29. November 2025, zwei Aufführungen) werden bei dieser Trilogie auf die Bühne gebracht.
Damit wird ein Zugang zur Literatur und eine Wiederbelebung des Genres der szenischen Lesung fortgeschrieben, die der Schauspieler bereits am Wiener Burgtheater erprobt hat. Wenn sich drei Bühnenprofis drei große Texte der deutschsprachigen Literatur vorknöpfen, dann verwandelt sich Prosa zum Stück, springen die Sätze auf die Gestalt des Dramoletts auf. Tamara Metelka, auch Professorin am Max-Reinhardt-Seminar, wird stets das Gegenüber von Ofczarek sein und damit den Texten eine dramatische Dialogstruktur verleihen. Der Musiker Nikolai Tunkowitsch wird die Abende um eine musikalische Dimension erweitern. Neben seiner Beschäftigung als Theatermusiker ist er vor allem der Musicbanda Franui und den Neuen Wiener Concert Schrammeln verbunden.

Alle Texte, die im Rahmen dieser Trilogie präsentiert werden, sind sorgfältige theatrale Erkundungen. Im Fall des Franz Kafka-Milena Jesenská-Abends wird zusätzlich nicht weniger als eine dramatische Rekonstruktion versucht, sind zwar Kafkas "Briefe an Milena" erhalten, Milenas Briefe an ihn jedoch auf ihren Wunsch hin vom Kafka-Vertrauten Max Brod höchstwahrscheinlich verbrannt worden. Jesenská, verstorben im KZ Ravensbrück, erlangte posthum und erst nach dem Fall des Eisernen Vorhangs Weltruf und wurde 1994 zu einer "Gerechten unter den Völkern" ernannt. Im Finale der Trilogie zeichnen Metelka und Ofczarek die Verleihung des Österreichischen Staatspreises für Literatur an Thomas Bernhard und den damit verbundenen Skandal nach. Das Verhältnis von Kunst und Politik, das Bernhard gerne mit geplanten Skandalen thematisierte, könnte eines der Jahresthemen 2025 werden. Und nicht zuletzt wohnt Bernhard-Abenden ja stets das Potenzial inne, zur Selbstbeschreibung eines Landes werden zu können.
Text: Gerald Heidegger